Interview mit einem der Anrufer
Hallo meine lieben Nummer-index.de – Leser
Vielleicht habt ihr schon bemerkt, dass ich eine Zeit lang nicht geschrieben habe. Lag daran, dass ich im verdienten Urlaub war. Jetzt wo ich zurück bin, werde ich euch weiterhin über belästigende Anrufe auf dem Laufenden halten. Aber jetzt erzähle ich mal über meinen Urlaub.
Ich war 15 Tage lang in Kroatien, genauer gesagt in Dubrovnik. Dieses Reiseziel würde ich jeden empfehlen, denn es ist ein wunderschönes Land. Die Stadt Dubrovnik ist einfach atemberaubend, vorallem der historische Stadteil, die Strände, das kristallklare Meerwasser und natürlich die traditionelle Küche. Es ist einfach eine Stadt, die man persönlich erleben muss. Worüber ich aber eigentlich in diesen Beitrag berichten möchte, hat mehr mit meiner Arbeit zu tun, als mit Erholung. Ich konnte es natürlich auch im Urlaub nicht lassen, mir über mein Job gedanken zu machen. Am vorletzten Tag meines Aufenthalts ging ich in ein kleines dalmatinisches Restaurant essen, und kam so ins Gespräch mit einer netten Kellnerin, die dort arbeitete. Die Kellnerin konnte fließend Deutsch sprechen, was mich sehr ins Staunen versetzt hat. Ich musste sie einfach fragen, wo sie so gut Deutsch gelernt hat. Sie erzählte mir, dass sie aus Bosnien und Herzegowina kommt, also das Nachbarland von Kroatien. Sie lebte 5 Jahre in Deutschland, während des Krieges in den 90er Jahren. Das hat natürlich einiges erklärt, aber was mich weiterhin wunderte, ist der perfekte Akzent den sie hatte. Wenn man 20 Jahre lang Deutsch nicht aktiv spricht, klingt man wie ein Ausländer. Sie sagte mir darauf hin, dass sie vor paar Monaten in Sarajewo ( Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina) in einem deutschsprachigen Callcenter tätig war. Da sah ich natürlich eine wunderbare Chance für ein Interview, denn man trifft nicht jeden Tag einen Ex-Agenten aus einem deutschsprachigen Callcenter im Ausland. Ich vergaß so schnell wie möglich meinen Urlaub und machte mich sofort an die Arbeit. Ich erklärte ihr alles und bat sie um ein Interview, worauf sie sofort eingegangen ist. Wir vereinbarten ein Treffen in einem Lokal nach Feierabend, setzten uns hin, sie erzählte und ich schrieb alles auf.
Wie eine nette Sportlehrerin aus dem Ausland die Deutschen telefonisch belästigt hat
Ihr Name war Ayla und sie war 25 Jahre alt. Von Beruf war sie Sportlehrerin und nach Kroatien kam sie am Anfang der Touristensaison, um als Kellnerin ein bisschen Geld zu verdienen. Sie erklärte mir, dass sie als Sportlehrerin in Sarajewo keine Chance hat einen Job zu finden. Klingt für mich etwas komisch, aber ist weitaus verständlich, denn Korruption und Nepotismus ist in den Nachkriegsländern sehr verbreitet. Im Callcenter arbeitete sie ein Jahr lang, und meinte, dass sie sehr gut verdienen konnte, so um die 500-600 Euro montalich. In Deutschland ist diese Summe nicht ausreichend, aber in Bosnien und Herzegowina ist das 200 Euro über den durchschnittlichen Monatsgehalt. Sie war die meiste Zeit im Outbound tätig, also was die Deutschen ab meisten die Nerven raubt. Sie hat an allen möglichen Projekten gearbeitet: vom Stromanbieter Wechsel/Verkauf (e-on, Eprimo, Vattenfall, usw.), Marktforschung, Leadsgenerierung, Umfragen,telefonischer Verkauf von Produkten aus dem deutschen Teleshop, Verkauf von Handyverträgen und Gewinnspiele. Sie sagte, dass ihr Callcenter sehr gut organisiert war und die Teamleiter sehr streng waren. Tägliche Vorgaben musste erreicht werden, sonst wurde sofort mit der Provisionauszahlung gedroht. Der Lohn war immer pünktlich und die Arbeitszeiten waren täglich 8 bis 10 Stunden, ausser sonntags. Jeder neue Mitarbeiter hatte auch eine sehr gute Schulung, die natürlich bezahlt wurde. Ich fragte sie, ob sie wusste, dass sie sich nach deutschen Gesetz strafbar macht, wenn sie jemanden anruft ohne vorige Erlaubnis. Sie sagte aber, dass sie davon nichts weiß und es wurde ihr auch natürlich nicht von den Vorgesetzten gesagt. Sie meinte, dass sie dort aufgehört hat zu arbeiten, weil sie den Druck nicht mehr aushalten konnte, das tägliche Gebrülle von den Teamleitern: „Vorgabe, Vorgabe, Vorgabe…“, Menschen am Telefon, die sich belästigt fühlen und sofort auflegen, den täglichen Stress, es war ihr zuviel. Ich konnte sie verstehen. Sie war einfach gezwungen ein Job anzunehmen, denn sie überhaupt nicht mag, und der ihr überhaupt keinen Spaß macht, weil es einfach schwer ist in ihrem Land einen sicheren Arbeitsplatz zu bekommen. Nach einer Stunde musste Ayla auch schon wieder los und ich wollte natürlich nicht ihre hart verdiente Freizeit rauben. Habe ihr noch angeboten ein Teil unseres Teams zu werden, was sie auch angenommen hat. Sie entschloß sich sofort bei uns mitzumachen. Sie wird in der Zukunft auch Ihre Erfahrungen mit unseren Lesern teilen und auch auf Fragen antworten.
Es war wirklich eine tolle Erfahrung, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen und mal auch die andere Seite zu hören.
Schöne Grüße,
Euer Thomas
Falls Sie Fragen für Ayla haben, schreiben Sie an info@nummer-index.de mit dem Betreff: Für Ayla oder hinterlassen Sie uns einen Kommentar